Status: Es ist kompliziert

Letzter Zug – und zwar im doppelten Sinn

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Kiffen war schön. Manchmal.

Heute habe ich mein letztes Weed bekommen. Und ja, ich gebe es zu – ich werde es vermissen. Und gleichzeitig auch nicht. Kiffen war schön, solange es gelegentlich war. Sobald es zur täglichen Routine wurde, war es nur noch eine Art mentaler Schlafanzug: bequem, aber nicht gesellschaftstauglich. Ich habe keinen Zweifel, dass ich auch ohne THC gut klarkomme. Und wenn es stimmt, was ich über Tunesien gelesen habe, gehe ich lieber nicht für einen Joint in den Knast.

Ich bin inzwischen so eingeschüchtert von den Drogengesetzen dort, dass ich ernsthaft überlege, meine Koffer nochmal auf mikroskopische Rückstände zu überprüfen. Und den Abschieds-Joint am Flughafen Genf streiche ich auch lieber von der Wunschliste. Ich glaube, die Botschaft ist angekommen: In meinem künftigen Heimatland ist mit Drogen wirklich nicht zu spassen.

Also habe ich aus Neugier (und Restpanik) nochmal die KI befragt, was in Tunesien sonst noch so alles verboten ist – Überraschungspotenzial inklusive.

Fremd im eigenen Begehren

Homosexualität zum Beispiel. Ja, das ist bitter. Ein Armutszeugnis für ein Land, das in anderen Bereichen schon recht modern tut. Aber in Sachen sexuelle Selbstbestimmung ist man dort offenbar noch im analogen Zeitalter unterwegs. Für mich persönlich irrelevant – leider. Ich verehre Frauen, aber ich bin zu hetero, um mich wirklich in eine zu verlieben. Mein Begehren bleibt also legal. Vorerst.

Wobei: Begehren ist in Tunesien sowieso heikel. Unverheiratete Paare dürfen sich offiziell kein Hotelzimmer teilen. Ob das in der Praxis durchgesetzt wird? Keine Ahnung. Ich hoffe, dass die Polizei keine Nachtbesuche in Privatwohnungen macht, nur um zu überprüfen, wer da mit wem in welchem Bett liegt. Aber ehrlich gesagt – man weiss es nicht. Dieses Land ist in vielerlei Hinsicht einfach eine andere Welt. Da hilft nur: mit allem rechnen.

Dumm nur, dass ausgerechnet in meiner allerersten Nacht ein Mann in meiner Wohnung übernachten wird. Meine tunesische Ex-Familie hat entschieden, mir Raouf zur Seite zu stellen – so eine Art persönlicher Hausdiener auf Zeit. Gut gemeint. Ich weiss. Aber ich habe niemanden bestellt. Und schon gar keinen Aufpasser. Ich mochte Raouf vor zwanzig Jahren. Mal sehen, ob ich ihn auch noch mag, wenn er mir beim Auspacken zuschaut.

Zwischen Paranoia und Planung

Neun Tage bleiben mir noch. Neun Tage, in denen ich gerne endlich diese neue EL-Verfügung hätte. Einfach, damit ich weiss, wie viel Guthaben ich mitnehmen darf, bevor die schweizerische Bürokratie doch noch irgendeinen Paragrafen ausgräbt, um mir den Neustart zu vermiesen. Ich tue im Moment nichts Illegales. Noch nicht. Die Grauzone beginnt erst, wenn ich die Dreimonatsfrist überziehe – also gegen Ende des Jahres. Und selbst dann wäre das Schlimmste, was passieren kann, eine Kürzung der EL. Das will ich aber unbedingt vermeiden. Ich brauche das Geld. Für ein Leben. Für einen Neuanfang.

Meiner Meinung nach sollte die Schweiz mir sowieso einen Bonus auszahlen, dafür dass ich aus dem System aussteige. Ich nehme dem Sozialwesen nicht nur die EL-Zahlungen ab, sondern spare dem Kanton auch noch die IFEG-Beiträge – jene Almosen, die dafür gedacht sind, mich in einer Behindertenwerkstatt Pappkartons falten zu lassen. Danke, aber nein danke.

Stattdessen will ich raus. Mit ein bisschen Würde. Und ja – mit einem kleinen Polster. Die Schweizer Bürokratie versteht das leider nicht. Sie hat keine Empathie, nur Rechenmodelle. Und manchmal reicht ein Tausender, um daraus ein existenzielles Problem zu basteln – das den Steuerzahler am Ende ein Vielfaches kostet. Genial, nicht?

In Tunesien dagegen ist alles klar geregelt: Sag nichts Falsches. Tu nichts Verbotenes. Halt dich an die Regeln, so seltsam sie auch sein mögen – und du wirst in Ruhe gelassen. Klingt hart. Aber wenigstens kann ich mich darauf einstellen. Und wenn ich irgendwann mal wieder einen Joint will? Dann gönne ich mir halt einen Kurztrip nach Amsterdam. Oder Zürich. Oder irgendwohin, wo man schon begriffen hat, dass Cannabis-Verbote einfach nur dumm sind.

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