Gedankensplitter
Das Internet ist tot. Und ich hab’s kommen sehen.
Es ist 2025. Ich sitze hier mit meinem Kaffee (der übrigens hervorragend war, danke der Nachfrage) vor einem echten Computer. Mit Tastatur. Maus. Bildschirm. Kein Tablet, kein Smartphone, kein fancy Voice Assistant, der mich „Zia“ nennt und meine Seele verkaufen möchte. Einfach nur ich – und ein Video, das mich mal wieder daran erinnert hat, wie sehr ich das Internet von früher vermisse. Und wie sehr mich das von heute nervt.
Früher war mehr Lametta. Und mehr 404-Fehler.
Es ist dieses Video, das das ausspricht, was ich schon lange denke: Das Internet ist durch. Game over. Es fühlt sich nicht mehr an wie ein Ort, sondern wie ein Fliessband. Und auf diesem Fliessband wird einem liebloser, KI-generierter Einheitsbrei entgegengeschleudert. Cookie-Banner hier, Pop-ups da, Autoplay-Werbung mit Ton (!) und Inhalte, die aussehen wie von ChatGPTs langweiligerer Schwester verfasst.
Ich sag’s ungern, aber ich hab da auch so eine Schwester. Und sie heisst „SEO“.
Der Typ im Video spricht von der „Dead Internet Theory“ – und ich dachte nur: Amen. Wir leben in einem Web, das nicht mehr lebt. Webseiten wirken wie Geisterstädte. Kommentarsektionen bestehen aus Spam-Bots und SEO-Fuzzis. Und ich frage mich beim Scrollen immer öfter: Ist das noch ein Mensch oder schon wieder ein Affiliate-Link?
Das wilde, wundervolle WWW
Ich bin ein Kind der 90er. Mein erstes Modem machte noch Geräusche, die klangen wie ein Dalek mit Schluckauf. Und trotzdem – oder gerade deshalb – war das Internet damals ein Paradies für alle, die lieber schrieben als redeten.
Es gab Foren mit echten Diskussionen. Chats, in denen man sich kannte – oder zumindest anständig hallo sagte, bevor man nach Nacktfotos fragte. (Nicht dass das damals nicht auch passiert wäre – aber da musste man sich die Unanständigkeit noch verdienen.)
Und Webseiten? Sahen aus wie explodierte Regenbögen mit Comic Sans, aber sie waren… echt. Handgemacht. Mit Liebe. Mit Linksammlungen! (Ich hab neulich versucht, jemandem zu erklären, was eine „Linkliste“ war. Es endete mit Tränen. Meinen.)
Heute: Clean, glatt, gleich. Und so. viel. schlimmer.
Ich baue heute immer noch Webseiten. Und sie sehen – genau wie alle anderen – aus wie sterile Apple-Werbeflächen. Weissraum, Pastelltöne, Hero-Images.
Der Text? Auf SEO optimiert. Für Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit und Google-Ranking-Fetisch.
Ich schreibe nicht mehr für echte Menschen. Ich schreibe für Maschinen, die dann entscheiden, ob ein Mensch meinen Text überhaupt sieht.
Und ganz ehrlich? Ich hasse es.
Aber was tun?
Ich könnte natürlich sagen: „Löscht das Internet! Holt die Brieftauben zurück!“. Aber wir wissen beide: Das wird nicht passieren.
Was ich stattdessen mache: Ich schreibe diesen Text. Auf meinem Blog. Für mich. Für euch. Für die paar Seelen, die sich noch durch Klickhöllen und Cookie-Mauern wühlen, um echten Inhalt zu finden.
Vielleicht bist du eine davon. Dann: Willkommen. Du bist nicht allein.
Und jetzt bitte: Schau dir das Video an. Es ist ehrlich, klug und traurig schön.
Es ist mein Nachruf auf einen alten Freund. Das Internet.