Dramatis Personae

Eric mit C – Toxische Eifersucht

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Geboren 1977

war gleich alt wie ich. Wir waren etwa von 2017 bis 2020 ein Paar. Als ich ihn kennenlernte, lebte ich von Sozialhilfe, hatte keine sozialen Kontakte, keine Beschäftigung, keine Perspektive, keine Hoffnung. Ich betäubte mich mit Alkohol. Mein Leben war leer. Er hatte gerade seinen Job gekündigt, ohne einen neuen in Aussicht zu haben. Die Arbeitslosenkasse hatte bereits begonnen, ihn zu zermalmen. Er hatte viel Zeit. Ich hatte viel Zeit. Und ich hasste das System. Ich wusste, dass er selbst verantwortlich war für seine Misere – aber ich hatte Mitleid. Also kümmerte ich mich um seinen Kram, damit das System ihn nicht ganz zerstörte.

Das Kennenlernen

Wir lernten uns über Twoo kennen, eine dieser armseligen Dating-Apps. Er lud mich zum ein. Die Aussicht auf eine warme Mahlzeit war verlockend genug, um mich auf ein spontanes Treffen bei ihm zu Hause einzulassen. Alkohol. Sex. Am nächsten Tag waren wir ein Paar. Red Flag. Ich wusste, das ist toxisch. Ich wusste, das ist nicht, was ich wollte. Aber wenn du nichts hast, nimmst du alles.

Wer er war

Eric war gross und massiv. Zu Beginn nicht dick, das kam erst mit der Zeit. Er wirkte wie ein sanftmütiges Riesenbaby. Ständig am Lachen – ein Lachen, das oft mehr mit Verlegenheit zu tun hatte als mit Freude. Er war kreativ. Malte wunderschöne Acrylbilder in seinem eigenen Stil. Er verschönerte Schuhe, Laptops, Lampenschirme und Keramikfiguren mit Glitzer, Farben, Plingpling. Er liebte elektronische Musik, rauchte Zigaretten und Gras, nahm Drogen: Amphetamine, MDMA, wer weiss, was noch alles. Später machte er eine Weiterbildung zum Altenpfleger. Und er hatte zwei Katzen, die er sehr liebte.

Die Dynamik

Sein bester Freund war ein früherer Arbeitskollege mit gleichem Lifestyle. Wenn sie zusammen waren, wurde durchgefeiert. Nach jeder dieser Nächte folgte ein Streit. Immer. Eric konfrontierte mich mit Vorwürfen wegen Dingen, an die ich mich nicht erinnern konnte. Ich hatte weniger konsumiert als er, war meistens früh raus aus der Runde. Anfangs hielt ich es für normale Gedächtnislücken. Dann begann ich, mir Notizen zu machen. Und irgendwann war klar: Nichts davon stimmte. Die Vorwürfe waren wahnhaft.

Mit der Zeit wurde er immer eifersüchtiger, kontrollsüchtiger, aggressiver. Ich war nie untreu. Ich gab nie Anlass dazu. Ich hatte nicht mal Gedanken daran. Aber Eric war überzeugt. Und er machte Sex zum Machtmittel. Wenn ich keine Lust hatte, schmollte er oder eskalierte. Ich wurde weichgekocht. Ich verlor meine Libido. Ich begann zu glauben, mit mir stimme etwas nicht.

Und dann kam mein Click-Moment:

Eric hat mich dazu gebracht, in meine eigene Vergewaltigung einzuwilligen.

Ich habe Nein gesagt. Und irgendwann Ja, weil Nein zu anstrengend war. Weil Nein bedeutete: Vorwürfe, Streit, . Also sagte ich Ja. Und unterschrieb damit mein eigenes .

Der psychologische Blick

Eric zeigte viele Anzeichen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung. Er fühlte sich nicht nur von mir, sondern auch von Arbeitgebern und Kollegen verfolgt. Seine Wahrnehmung war durchzogen von Misstrauen, Verdacht, Wahngedanken.

Er war ein Adoptivkind und litt sehr unter dieser Tatsache. Seine Adoptiveltern wurden Ziel ungerechter Vorwürfe. Die frühe Bindungsstörung, das tiefe Misstrauen gegenüber allem – es fügte sich zusammen. Möglich ist auch eine substanzinduzierte Psychose.

Ich überzeugte ihn einmal, zur Therapie zu gehen. Er ging ein Mal hin, mochte den Therapeuten nicht und ging nie wieder. Paartherapie? Ich schleifte ihn hin. Noch auf dem Weg wollte er absagen. Das Gespräch verlief gut. Danach meinte er, wir schaffen das auch allein. Natürlich.

Das Ende

Die Beziehung war längst vorbei, aber ich konnte nicht ausziehen. Sozialhilfe. Kein . Keine Chance. Frauenhaus? Mutter? Beides nicht tragbar.

Dann kam im Dezember 2019 die Zusage für meine -Rente. Alles änderte sich. Ich fand sofort eine eigene Wohnung. Pro Infirmis finanzierte den Umzug. Ich fand einen Job. Schlechte Bezahlung, sinnlose – aber ich arbeitete. Und ich lebte.

Ich sagte: Eric kann mein bleiben, aber ich lebe mein Leben.

Ich brach Treffen ab, wenn er nicht freundlich war. Wenn er nicht klar war. Wenn er nicht zugewandt war. Das passte ihm nicht. Seine Fantasien wurden wilder. Und irgendwann war ich einfach durch.

Ich wollte ihn nicht mehr in meinem Leben.

Und diesmal habe ich das auch geschafft.

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